Verkehrsrecht – Gewährleistung bei Gebrauchtwagenkauf: Reichweite eines vertraglichen Gewährleistungsausschlusses beim Kauf eines rund 40 Jahre alten Gebrauchtwagens BGH, Urteil vom 10. April 2024 – VIII ZR 161/23
Sachverhalt
In dem zugrunde liegenden Fall geht es um einen Rechtsstreit über die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage eines Gebrauchtwagens, der knapp 40 Jahre alt ist. Der Beklagte, ein privater Verkäufer, bot das Fahrzeug im Jahr 2021 auf einer Onlineplattform zum Verkauf an und beschrieb es in der Anzeige unter anderem mit der Angabe „Klimaanlage funktioniert einwandfrei“. Zugleich wurde der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung angeboten. Nach einer gemeinsamen Probefahrt schlossen die Parteien einen Kaufvertrag, in dem der Haftungsausschluss ausdrücklich nochmals festgehalten wurde.
Kurz nach dem Kauf stellte der Kläger fest, dass die Klimaanlage des Fahrzeugs nicht funktionierte, und ließ sie reparieren. Er forderte anschließend die Erstattung der Reparaturkosten vom Verkäufer, da er behauptete, dass der Defekt bereits zum Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe vorgelegen habe. Der Verkäufer lehnte dies mit Hinweis auf den vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung ab, woraufhin der Käufer Klage erhob.
In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen, da die Gerichte die Ansicht vertraten, dass der Gewährleistungsausschluss auch den gerügten Mangel an der Klimaanlage abdecke. Zudem sei bei einem Fahrzeug dieses Alters mit Mängeln an verschleißanfälligen Teilen zu rechnen, und der Verkäufer habe keine Beschaffenheitsgarantie für die Klimaanlage übernommen.
Entscheidungsgründe
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies den Fall zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Die rechtliche Würdigung des BGH stützt sich dabei auf mehrere zentrale Aspekte:
Der BGH stellte klar, dass die Angabe des Verkäufers, wonach die Klimaanlage „einwandfrei funktioniert“, als Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF (alte Fassung) zu werten ist. Diese Vereinbarung stellt eine verbindliche Zusicherung des Verkäufers dar, dass die Klimaanlage zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs funktionstüchtig ist. Dies bedeutet, dass der Verkäufer für das Vorhandensein dieser zugesicherten Eigenschaft haftet, unabhängig davon, ob später ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde.
Der BGH betonte, dass ein vereinbarter Gewährleistungsausschluss nicht für das Fehlen der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit gilt. Der Haftungsausschluss bezieht sich nur auf Mängel, die nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sind, wie beispielsweise altersbedingte Mängel, die der Käufer bei einem Fahrzeug dieses Alters erwarten muss. Da die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage jedoch ausdrücklich zugesichert wurde, greift der Haftungsausschluss hier nicht.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt der BGH klar, dass weder das hohe Alter des Fahrzeugs noch die Verschleißanfälligkeit der Klimaanlage die Annahme rechtfertigen, dass der vereinbarte Gewährleistungsausschluss auch für die Beschaffenheitsvereinbarung gilt. Der Verkäufer hätte eine solche Funktionsfähigkeit nicht zusichern dürfen, wenn er gleichzeitig davon ausgehen wollte, dass ein Defekt aufgrund des Alters des Fahrzeugs im Rahmen des Haftungsausschlusses gedeckt sei.
Ein Sachmangel liegt nach Ansicht des BGH vor, wenn die vereinbarte Beschaffenheit, also die einwandfreie Funktionsfähigkeit der Klimaanlage, zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht gegeben ist. Dabei ist es unerheblich, ob der Defekt auf einen normalen Verschleiß zurückzuführen ist, da der Verkäufer die Funktionsfähigkeit ausdrücklich zugesichert hat.
Fazit:
Der BGH entschied zugunsten des Käufers, indem er den vereinbarten Gewährleistungsausschluss als unwirksam in Bezug auf die zugesicherte Funktionsfähigkeit der Klimaanlage erklärte. Damit hat der Kläger Anspruch auf Schadensersatz, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Defekt bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag. Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das nun Feststellungen über den genauen Zeitpunkt und die Ursache des Defekts treffen muss.